Ill-Insel in Strassburg

Die Ill-Insel (Isle d`Ill) in Strassburg Elsass

Nimmt man als Strassburg-Besucher oder Elsass-Urlauber einen Straßburgplan zur Hand, schaut man auf eine Insel.

Das sprichwörtlich „schöne“ Straßburg wird im Süden von der Ill, im Norden vom Fossé du Faux Rempart umflossen.

Wie eine breite Nord-Südschneise durchteilt die von wuchtigen Arkaden gesäumte Rue des Grandes Arcades das engmaschige Geflecht der Ill-Insel. Wo früher der Verkehr brauste, surrt heute die hochmoderne, mit Panoramascheiben ausgestattete Straßenbahn übers Pflaster.

Auf große Kaufhäuser in Höhe der Place Kléber folgen Boutiquen und Gemüseläden im Umkreis der Place Gutenberg. Eine Statue des Pioniers der Buchdruckkunst steht auf dem Platz. Der imposante Bau der Chambre de Commerce et d'Industrie, der die Place Gutenberg auf der Westseite begrenzt, war im 14. Jh. das Rathaus. Die prunkvolle Renaissance-Fassade entstand jedoch erst im 16.Jh.

Direkt an die Kathedrale des berühmten Münsters in Strassburg gesetzt wurde der in gelb-rotem Sandstein bunt gescheckte Komplex von klassizistischem Grand Séminaire und Lycée Fustel de Coulanges. Letzteres, ein schönes Beispiel des späten Rokoko, war ursprünglich ein Jesuitenkolleg.

Blickfang am Platz aber ist das vornehme Palais Rohan. Der Sitz der Fürstbischöfe entstand 1731 in purem französischen Barock. Die Pläne fertigte der Hofbaumeister von Ludwig XV. an. Das Resultat ist ein Schloss mit hoheitsvollem Portal, repräsentativem Innenhof, von Säulen gescheitelter Schaufassade zur Ill und luxuriösen Zimmerfluchten, den Grands und Petits Appartements. Die Gold prangenden Räume kann man besichtigen:

Der Glanz des Ancien Régime erstrahlt im Musée des Arts Décoratifs, das die fürstbischöflichen Repräsentationsräume und Privatgemächer belegt. Zwei weitere Museen fanden im Palais Rohan Platz. lm Musée des Beaux-Arts wird Malerei vom 14. bis 19.Jh. gezeigt. Die meisten Besucher strömen zur „Belle Strasbourgeoise“ von Nicolas de Largillière (1703), der mit der vornehmen Dame im Grand Habit Straßburger Patrizierinnen sein berühmtestes Werk geschaffen hat. Der Gang ins Untergeschoss führt ins Musée Archéologique, wo Ausgrabungsfunde des gesamten Elsass einen Bogen von der Vorgeschichte bis zu den Kelten spannt.

Gleich neben dem barocken Palais Rohan setzen ein gotischer Stufengiebel und ein Volutengiebel aus der Renaissance markante Gegenakzente zum Barock des Palais Rohan. Hinter den Giebeln verbirgt sich das Musée de l'Œuvre-Notre-Dame in das das Gasthaus zum Hirsch aus dem 14.Jh. einbezogen wurde.

Alles, was zum Schutz vor Umweltschäden an der Fassade des Münsters abgenommen und durch Kopien ersetzt werden musste, findet sich hier wieder: Prunkstücke sind die meisterhaften Figuren der triumphierenden Ecclesia und trauernden Synagoge, die um 1230tür das südliche Nebenportal entstanden, sowie die Figurengruppen törichter und weiser Jungfrauen von der Westfassade. Die Sammlung mittelalterlicher Statuen, Glasfenster und Gemälde hütet darüber hinaus spektakuläre Stücke aus dem gesamten Elsass, darunter das berühmte Wissembourger Glasfenster mit der Darstellung eines Christuskopfes.

Ein gotischer Garten nach Vorgaben des Dominikaners Albertus Magnus vereint im Innenhof Grabplatten und 63 im Mittelalter bekannte Gartenpflanzen.
Kurze Pause gefällig?

Die Cafés vor der Hauptfassade des Strassburger Münsters bieten sich zum Verschnaufen an, zumal man so ganz en passant Straßburgs prominentesten Profanbau zu Gesichte bekommt: die am reich beschnitzten Fachwerk leicht auszumachende Maison Kammerzell (1588/89) an der Ecke gegenüber des Nordturms.

Innen wird auf vier Etagen Choucroute mit Champagner serviert. Während der kulinarische Stern des gleichnamigen Restaurants jedoch erlischt, blendet das hochgeschossene Gesamtkunstwerk aus Schnitzfiguren, Fassadenmalerei und Butzenglasscheiben wie eh und je.

P.M.G. lautet das Kürzel für die unter den mehr als 30000 Studenten (und nicht nur ihnen) beliebteste Ausgehadresse auf der Ill-Insel. Gemeint ist die Place du Marché Gayot, die man über die Rue des Frères erreicht. Stichgassen münden von allen Seiten auf das kopfsteingepflasterte Karrée. Der Verkehr ist ausgesperrt, die Caféterrassen rücken umso entschiedener auf den Platz vor. Neon lockt in eine Bar mit dem Namen „Perroquet Bleu“. Die P.M.G.-Nächte sind sommers lang, die Konkurrenz an Kneipen und Restaurants entsprechend groß.

Über die Place St-Etienne und die gewundene Rue de l'Arc-en-Ciel geht es in die Rue Brûlée. Straßburg gibt sich mit einem Mal sehr vornehm, très parisien. „Unser kleines Marais“ nennen Straßburger die schmale, lange Straße in Anspielung auf das von barocken hôtels particuliers geprägte Pariser Viertel. Dieselbe, auf Repräsentieren und Sich Abschirmen bedachte Architektur findet sich in der Rue Brûlée.

Auch bei der Wahl des Baumaterials gab man sich französisch. Statt traditionellem Buntsandstein (wie etwa beim Münster) nahm man einen lichten, fast weißen Sandstein, der den französischen Schlosserbauern des 17. und 18.Jh. der liebste war. Vom Hôtel Klinglin, im dem der Präfekt des Elsass residiert, erblickt man das vornehme Portal – die Schauseite zeigt nach Osten zum Quai am Fossé du Faux Rempart.

Der Bischof von Strassburg wohnt seit 1855 gegenüber im Hôtel du Grand Doyenné. Das Militär nimmt das Hôtel des Deux Ponts (1754) in Beschlag, der Bürgermeister im Hôtel de Ville hat es mit dem feudalen ehemaligen Besitz der Grafen von Hanau-Lichtenberg gut getroffen beider Schaufassaden zeigen allerdings zur Place Broglie. Den Platz mit dem unaussprechlichen Namen (man sagt korrekt >Breuil<) begrenzt vor Kopf die klassizistische Opéra du Rhin-Théâtre Municipal.

Geht man an der Oper vorbei auf den Pont du Théâtre über den Fossé du Faux Rempart zu, lugt aus einer kleinen Grünanlage links eine Plastik von Tomi Ungerer: Der doppelgesichtige Januskopf im Wasser plus Miniaquädukt wurde zur 2000-Jahr-Feier der Stadt 1988 aufgestellt.

Bunt geht auf der rechteckigen, lang gezogenen Place Broglie zu, wenn unter den Platanen Markt gehalten wird. Wo sich auf der Nordseite des Platzes der neohistoristische Bau der Banque de France erhebt, stand einmal das Haus des Bürgermeisters de Dietrich, in dessen Salon Rouget de Lisle die Marseillaise komponiert haben soll. Ein formverliebtes Beispiel für die während der preußischen Herrschaft florierende Jugendstilarchitektur ist der Nachbarbau.

Durch die breite Rue de la Nuée Bleue kommt man vorbei an Redaktion und Druckerei der Dernières Nouvelles d'Alsace. Auszüge der aktuellen Ausgabe hängen in Französisch und Deutsch im Schaukasten. Über der Hofzufahrt kräht freilich der gallische Hahn. Gegenüber beschirmen gewaltige Platanen den Kirchplatz vor St-Pierre-le-Jeune. An der gotischen Kirche der Protestanten erinnert das reich gestaltete Erwinsportal deutlich an das südliche der drei Westportale des Münsters. Eine Überraschung ist der wesentlich ältere, romanische Kreuzgang hinter der Kirche: Das stille Ensemble stammt von 1031.
Geschäftig geht es dagegen auf der Rue de la Haute Montée zu, auf die die Petite Rue de l'Eglise zuläuft. Nach Westen mündet die Einkaufsstraße auf die Place de l'Homme de Fer.

Zurück auf die Rue de la Haute Montée: Auf Höhe der kolossalen, um 1900 im Neo-Renaissance-Stil hingeklotzten Petite Boucherie erlauben kurze Gassen es, zur Rückseite der Aubette durchzuschlüpfen. In voller Pracht präsentiert sich der für die Straßburger Garnison 1765-71 errichtete Bau erst an der Place Kléber.

Eine gesamte Seite des weiten Platzes nimmt die klassizistische Fassade in Anspruch. Ursprünglich wurde davor der Morgenappell abgehalten.
Seit Ludwig XIV. Straßburg dem Königreich einverleibt hat, diente die Place Kléber als Aufmarschgelände, dessen Name bis 1840 Place d'Armes lautete. Erst mit der Aufstellung der Kléber-Plastik zu Ehren des Napoleonischen Generals wechselte der Name. Seit einigen Jahren ist der Platz komplett umgekrempelt.

Postmodernes mobilier urbain, inklusive vollautomatischem Toilettenoval und Laternen, die wie vergrößerte Halogenschreibtischlampen aussehen, ziert den verkehrsberuhigten Platz. Europas Flaggen wehen vom Mastenwald.

Der Buchriese FNAC und das Kaufhaus Nouvelles Galéries sorgen für Leben auf der weiten Fläche. In der Pâtisserie Kohler-Rehm kann man das Ganze von der ersten Etage bei einem Stück Torte betrachten.

Über die Rue du Vieux Marché aux Vins schlendert man in wenigen Minuten zu St-Pierre-le-Vieux hinüber. Die Kirche setzt sich aus zwei verschachtelten, gotischen Trakten zusammen, und ist zwei Konfessionen gewidmet: Hübsch voneinander getrennt beten hier die Protestanten, dort die Katholiken. An der Südseite beginnt die zur Fußgängerzone umgewandelte Grand' Rue, eine vitale Einkaufsmeile mit Einzelhandelsgeschäften und Fassaden von behäbigem Frühbarock bis leichtfüßigem Rokoko.

Vom Quai Turckheim gelangt man dagegen immer am Fossé du Faux Rempart entlang in die Petite France, einem touristischen Epizentrum, mit dem nur noch die Kathedrale in der Besuchergunst konkurrieren kann. Den romantischsten Blick auf das von vier Ill-Fingern zerteilte alte Gerberviertel hat man von den Ponts Couverts. Drei klobige, wie Bauklötze wirkende Türme aus dem 13.Jh. bewachen die erst 1863 über die Ill gebauten „gedeckten Brücken“.

Einen Augenblick mag man neidisch werden bei soviel Romantik, so zum Beispiel auf die Bewohner des Hauses Ponts Couverts Nr. 3. Ein Rosenspalier rahmt den kleinen Garten an der Spitze einer Landzunge zwischen zwei Ill-Armen. Zauberhaft. Schnell siegt die Vernunft. Wer hier wohnt, muss mit einem Touristenstrom leben, der keine Ruhe zulässt. >Petite France< heißt das dank malerischer Quais und Fachwerk postkartenschöne Viertel, weil hier im 16.Jh. ein Hospital vor allem Geschlechtskranke aufnahm, Personen eben, die unter der französischen „Krankheit“, sprich Syphilis, litten.

Man kann über den Quai de la Petite France zur Rue du Bain aux Plantes spazieren, auf dem Weg die an ihren Trockenböden erkennbaren, heute makellos restaurierten Häuser der Gerber bewundern, und wird sich insgesamt ein wenig wie im Freilichtmuseum fühlen. Dennoch, vor allem unter den Baumkronen an der Place Benjamin Zix sitzt man ausgesprochen nett, zumal am Quai des Moulins die Boote der Ill-Rundtouren in eine enge Schleuse laufen.

Wesentlich größer ist der Barrage Vauban, die Hauptschleuse zwischen dem Ill-Bogen um die Altstadt und dem Flusslauf im Nordwesten. Mit dem massiven Bau sicherte Frankreichs Festungsbauer Vauban 1690 den Zugang zur Stadt. Von der Panoramaterrasse hat man eine fantastische Aussicht auf die Ill-Insel.

Stadtauswärts sprengt die schwarze Baumasse des in den 1990er Jahren gebauten Hôtel du Département die Kleinteiligkeit der Petite France. Desgleichen gilt für das 1998 eröffnete Musée d'Art Moderne et Contemporain am gegenüberliegenden Ufer der Ill. Die nackten Kuben des Architekten Adrien Fainsilber sind nicht jedes Straßburgers Sache.

Die in einer Licht durchfluteten Passage und zwei länglichen Trakten ausgestellte Kunst ebenfalls nicht. Es gab viel Polemik um den Bau und die Werke von Poliakoff, Mapplethorpe oder Sarkis, und gleich zur Eröffnung einen handfesten Skandal. Eins der Hauptwerke des Museums, eine Aquarell- und Gouache-Zeichnung von Klimt, stammt aus der Sammlung eines Wiener Kunsthändlers jüdischer Abstammung, der seine Kunstwerke 1938 nach Straßburg in Sicherheit
gebracht hatte. Die Erben klagten auf die Herausgabe des während der Besatzung abhanden gekommenen Bilds. Ein erstes Gerichtsurteil gab ihnen Ende 1998 recht, doch die Museumsleitung verweigert sich und hat Berufung eingelegt.

Proteste gab es auch gegen den Umzug der ENA, Frankreichs Elitehochschule für Verwaltung, in das ehemalige Gefängnis gleich neben dem Museum. Diesmal kam der Aufschrei aus Paris, wo Schüler und Dozenten nicht in die „Provinz“ umziehen wollten. Dabei ist der Bau nicht übel: Das Gefängnis war ursprünglich eine Johanniterkomturei, die für ihre jüngste Funktion mit edelsten Materialien umgebaut wurde.

Ein Spaziergang über die mit Waschbeton verdeckelten Ill-Quais lenkt ins Münster-Viertel zu rück. Unterwegs lohnt sich ein Abstecher zur Kirche St-Thomas, lm Chor ist Moritz von Sachsen beigesetzt, der sich als französischer Marschall siegreich für Ludwig XV. schlug, als Ausländer und Protestant jedoch nicht mit allen Ehren im katholischen Paris beigesetzt werden konnte. Sein barockes Marmorgrabmal fiel im fernen Straßburg umso grandioser aus: Marianne versucht den Tod zu verschrecken. Vergeblich, denn dessen Skeletthand öffnet bereits einen Sarkophag für den gefasst seinem Ende entgegen schreitenden Marschall.

An der Silbermann-Orgel von St-Thomas hat einst Albert Schweitzer gespielt, von dem die Initiative zu den nach wie vor stattfindenden Bachkonzerten ausging.

Zurück an den Quai St-Thomas, der beim Pont St-Nicolas auf die Rue de la Douane mündet. Die Bombardements des Jahres 1944 überstanden haben ein paar respektheischende Barockbauten, nicht jedoch das Kaufhaus (Ancienne Douane), ein Koloss, in dem einst gehandelt und Zoll erhoben wurde, dessen gotischer Charme beim Wiederaufbau jedoch auf der Strecke blieb.

Hinter der nächsten Ill-Brücke (Pont du Corbeau) spiegelt sich seit 1588 die Große Metzig (La Grande Boucherie) im Wasser. lm hufeisenförmigen Bau wurde nach jahrelanger Renovierung im Herbst 2000 das Musée Historique neu eröffnet. Man kann zum Abschluss des Rundgangs über die Ill-Insel in einer der urigen Weinstuben um die Place du Marché du Cochon einkehren – oder aber am Palais Rohan auf eins der Ausflugsboote mit Namen wie „Gänseliesel“ und L'Ami Fritz“ steigen, um die „Insel“ aus der Wasserperspektive zu betrachten.

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